Schienengüterverkehr mit dem Rücken zur Wand
Der Verlagerungsbericht 2025 zeigt auf, dass der alpenquerende Schienengüterverkehr in den letzten zwei Jahren sowohl absolute Rückgänge im Verkehrsvolumen erfahren als auch Marktanteile gegenüber der Strasse verloren hat. Es findet damit eine Rückverlagerung von Schienengütertransporten auf die Strasse statt. Auch für 2026 stehen die Zeichen nicht gut: Mit der vorzeitigen Einstellung der Rollenden Landstrasse zwischen Freiburg und Novara (RAlpin) werden weitere Transporte auf die Strasse zurückverlagert werden. BLS Cargo als wichtiger Akteur auf dem Nord-Süd Korridor erlebt diese Entwicklung parallel.
BLS Cargo bekommt den Rückgang zu spüren
Zwischen 2023 und 2025 (1. Semester) ist das Transportvolumen von BLS Cargo in Anzahl Zügen um 12% zurückgegangen - im laufenden Jahr war der Rückgang besonders ausgeprägt. Hauptursache sind einerseits die bei Baustellen und Unterhaltsarbeiten auftretenden Kapazitätsrestriktionen, die schon im Plan zu Zugsausfällen führen. Andererseits ergeben sich zusätzliche operative Zugsaufälle, die durch nicht adäquate Planung und Überlastung vor allem auf der deutschen Infrastruktur entstehen. Die Lage ist ernst: 15-20% der Züge von BLS Cargo fallen derzeit aus, ein verlässliches Produkt kann den Kunden damit nicht mehr angeboten werden. Zum instabilen Betrieb hinzu kommen Kostensteigerungen für die Güterbahnen, weil Loks und Lokführer nicht mehr effizient eingesetzt werden können. Trotz der schlechten Verfügbarkeit der Infrastruktur steigen die Trassenpreise in allen Ländern unaufhörlich weiter, Stornierungsentgelte werden erhoben, die Ansprüche an das teure Zugsicherungssystem (ERTMS) steigen und administrative Regulierungen werden erhöht.
Deutschland als Brennpunkt
Die deutsche Infrastrukturpolitik, speziell die Steuerung und das Baustellen- und Unterhaltsmanagement der deutschen Netzbetreiberin DB InfraGO spielt eine entscheidende Rolle in den kommenden Jahren: Erst wenn die Streckenunterbrüche deutlich zurückgehen, Umleitungen zur Verfügung gestellt, Sanierungen in verkehrsarme Perioden verlagert und die Trassenpreise konstant gehalten werden – erst dann können Güterbahnen wie BLS Cargo ihren Betrieb stabilisieren und wieder zur Verkehrsverlagerung beitragen. Weil sich abzeichnet, dass auch die kommenden 2-3 Jahre von einer äusserst intensiven Baustellentätigkeit geprägt sind, steht BLS Cargo gemeinsam mit der Branche in intensivem Kontakt mit der Führung von DB InfraGO, nimmt mit dem BAV an runden Tischen teil und formuliert gemeinsam mit der Branche konkrete Forderungen zur Bewältigung der Herausforderungen. An die neue Chefin der Deutschen Bahn Evelyn Palla und den deutschen Verkehrsminister Patrick Schnieder wurde von der Güterbranche speziell im Kombinierten Verkehr Anfang November ein Offener Brief gerichtet, den Dirk Stahl als Präsident der ERFA mitunterzeichnet hat. Die Botschaft lautet eindringlich: So kann es nicht weitergehen!
Die Schweiz benötigt eine Verlagerungspolitik 2.0
Auch wenn in der Schweizer Verlagerungspolitik in den letzten 25 Jahren viel erreicht, die Alpentransversalen fertig gebaut und, begleitet von Betriebsabgeltungen und LSVA, einen erheblichen Verlagerungseffekt erzielt hat, darf die Schweizer Politik nun nicht die Hände in den Schoss legen. Es braucht ein klares Bekenntnis der Schweiz zu den Zielen der Verlagerungspolitik und einen Schulterschluss mit den Nachbarländern, um einen spürbaren Druck auf die Akteure bei der deutschen Bahninfrastruktur auszuüben. Nur so kann das Ruder herumgerissen werden. Für die Sperrungen der Rheintalbahn während verkehrsstarken Zeiten, die in den kommenden Jahren geplant sind, sind mit den Infrastrukturbetreibern und den Transportministerien Sofortmassnahmen auszuarbeiten: Zusicherung von Mindestkapazitäten, Entschädigungsfonds, Aussetzung von Stornierungsentgelten und Trassenpreisen bei unzuverlässigem Betrieb.
Dazu gehören übergangsweise auch finanzielle Erleichterungen
Darüber hinaus sind kurzfristig für die Jahre bis 2030 auch finanzielle Unterstützungsmassnahmen erforderlich, damit die Kunden nicht reihenweise auf die Strasse abwandern und dort Kapazitätsengpässe, Staus und Belastungen für die Umwelt verursachen. Insbesondere müssen die Trassenpreise mit den frei werdenden Rola-Geldern (Abgeltungen von rund 60 Mio. bis 2028) in den kommenden Jahren so weit wie möglich gesenkt werden – sollten im Mindesten aber nicht erhöht werden. Zudem sollen Betriebsbeiträge an den Unbegleiteten Kombinierten Verkehr bis 2030 stabil gehalten und dann fortgeführt werden. Auch die CO2-Kompensation, von der der Schienengüterverkehr schon heute profitiert, ist weiter auszubauen. Die Schweiz verfehlt ihre Klimaziele 2030 nach neusten Prognosen deutlich – dafür verantwortlich ist notabene der Sektor Verkehr.
Details zum Verlagerungsbericht 2025 finden Sie hier